Eine Welt ohne Räder
Das Rad bringt einiges ins Rollen. Seine Erfindung gehört zu einer der wichtigsten in der Geschichte der Menschheit und ist maßgeblich für den technischen Fortschritt verantwortlich. Aber wie würde unsere Welt heute eigentlich ohne das Rad aussehen? Hätte es die Industrialisierung gegeben, wie sähen die Logistik oder unser kulturelles Leben aus?
Es ist rund, rotiert um eine Achse und war maßgeblich für den technischen Fortschritt im 18. und 19. Jahrhundert. Dabei gibt es Räder schon viel länger. Hinweise auf ihre erste Verwendung wurden lange Zeit auf Bildtafeln aus der mesopotamischen Stadt Uruk um 3500 v. Chr. zurückgeführt. Heute ist klar, dass es zeitgleich auch Hinweise auf die Verwendung an vielen Orten in Mitteleuropa gibt.
Das Rad ist trotz seines einfachen Prinzips keine naheliegende Erfindung: Nirgends in der Natur gibt es eine runde Scheibe, die frei rotiert. Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass sich das Konzept des Rads und einer montierten Lagefläche schlagartig im Verlaufe von wenigen hundert Jahren verbreitet hat.
„Nehmen Sie uns das Rad – und wenig wird übrigbleiben.“ Das war bereits dem Physiker Ernst Mach 1883 bewusst. Das Rad ist nicht mehr wegzudenken. Aber was wäre, wenn…
Kein Rad – kein Vorankommen
Woran denken Sie, wenn Sie an das Rad denken? Wahrscheinlich an Fahrräder oder an Autos. Ohne Räder kommen Auto und Fahrrad nicht voran. Keine Fahrradtour im Sommer zum Baggersee, keine kurzen Fahrten zum Supermarkt oder in die nächste Stadt. Das Thema Fahren wäre ohne Räder eh vom Tisch.
Herausforderung Logistik
Und wenn wir schon beim Tisch sind – gäbe es den heute überhaupt? Wie würde denn das Holz aus dem Wald zur Tischlerei oder in die Fabrik kommen? Man könnte es rollen oder direkt vor Ort verarbeiten. Aber wie würde das fertige Produkt dann zum Kunden gelangen? Der Verkauf von sperrigen Gütern wäre dann fast nur lokal möglich.
Zumindest würde uns das Segeln und Fliegen übrigbleiben. Oder etwa nicht? Flugzeuge hätten grundsätzlich Probleme beim Starten und Landen. Ohne ihre Räder könnten sie nicht die benötigte Startgeschwindigkeit auf dem Boden erreichen und gar nicht abheben. Und bei der Produktion der Schiffe und Flugzeuge ergäbe sich das gleiche Problem wie beim Tisch: Wie kämen die notwendigen Materialien an den Produktionsstandort? Die gesamte Logistik wäre stark eingeschränkt oder nicht mehr existent.
Kein Rad – keine Industrialisierung
Ohne Räder hätte die Industrialisierung, wie wir sie kennen, nicht stattgefunden. Denn es hätte keine Dampfmaschine gegeben, deren Erfindung im 18. Jahrhundert die Welt revolutionierte: Durch den Antrieb eines Schwungrades entsteht Energie, die wiederum andere Maschinen antreiben kann. Ohne das Rad also keine Energieweitergabe und kein Antrieb für Maschinen.
Eine wichtige Voraussetzung für die weitere Entwicklung beispielsweise der Logistik, des Kohleabbaus und der Weberei wäre ohne Rad also nicht erfüllt gewesen: Webereien, Spinnereien, Kohleabbau und die Eisen- und Stahlproduktion würden noch heute von Hand betrieben. Auch bei der Herstellung von Möbeln, Werkzeugen und Kleidung müssten wir auf den Einsatz von Maschinen verzichten.
Um es zusammenzufassen: Ohne das Rad gäbe es keine Industrie, die mit der heutigen vergleichbar wäre.
Keine Logistik, keine Industrie – aber wenigstens Unterhaltung?
Aber zumindest würde uns doch die Kultur bleiben. Oder etwa nicht? Einem Abend im Theater sollten doch fehlende Räder nicht im Wege stehen. Der Weg zum Theater kann schließlich auch ohne Rad bestritten werden, zum Beispiel zu Fuß oder mit dem Pferd. Aber auch die Theatervorstellung läuft wortwörtlich schleppender als mit Rad. Der Kulissenwechsel dauert deutlich länger, denn die Kulissen können nicht mehr einfach von der Bühne geschoben werden – es würden mehrere Personen benötigt, um sie von der Bühne zu tragen.
Auch der gemütliche Abend auf der Couch mit einem guten Buch gestaltet sich in einer Welt ohne Räder schwierig. Die Massenproduktion von Papier wäre ohne Räder nicht möglich, denn die Maschinen zur industriellen Herstellung bestehen zum großen Teil aus Rädern. Papier müsste also von Hand geschöpft, bedruckt und zum Buch gebunden werden. Bücher würden somit zu absoluten Luxusgütern.
Und denken wir erst an Freizeitparks mit Achterbahnen, Sportveranstaltungen wie Radrennen oder Fernsehshows wie das Glücksrad.
Auch hier wäre klar: Selbst die Unterhaltung und die Kultur wäre stark eingeschränkt ohne die Existenz von Rädern. Vielleicht würde die Unterhaltung zwischen Menschen nicht mehr zu kurz kommen und es würden mehr Gespräche, beispielsweise bei einem guten Essen, stattfinden.
Kein Rad – keine Bananen, Orangen oder Kiwis
Wobei … auch mit den Lebensmitteln wäre es so eine Sache. Durch die fehlende Industrialisierung und Logistik würden wir wohl zumindest auf lokale Nahrungsmittel zurückgreifen. Früchte, wie Bananen, Orangen oder Kiwis wären aufgrund der fehlenden Logistik nicht mehr verfügbar. Die Industrialisierung hat unseren Lebensmittelkonsum und somit auch unsere Ernährungsweise verändert. Sie steigerte den Verbrauch von tierischen Produkten, Zucker, Fett und Kalorien. Für die Natur und unsere Gesundheit war die Industrialisierung also nicht nur vorteilhaft. Mehr Regionalität sowie weniger Industriezucker und Fette wären sogar ein Fortschritt.
Aber selbst das Mehl müsste von Hand gemahlen werden, da Mühlen zu einem wesentlichen Teil aus Rädern bestehen.
Man kann das Rad nicht neu erfinden
Das Rad brachte einiges in unserer Geschichte und Entwicklung ins Rollen. Klar ist: Ohne die Erfindung des Rads wäre unsere Welt heute eine andere. Dabei sind einige technische Erfindungen ohne das Rad unvorstellbar. Dennoch gab es auch andere Erfindungen in der Geschichte, ohne die unser Leben heute anders aussehen würden: dazu zählt das Entzünden von Feuer, die Entwicklung von Schriftzeichen und die Fotografie.